Konkret mehr Raum

Dominique Jézéquel nutzt reduzierte architektonische Elemente, wie den verglasten Eingang der Kunsthalle und einen Teil des rasterartigen Fenstergangs, der um den Hof führt, als künstlerisches Spielfeld. Immer von einer Kombination aus vier Feldern ausgehend, bedient er sich farbiger geometrischer Formen wie dem Rechteck, der Linie oder dem Quadrat.
Schon von Beginn seiner künstlerischen Karriere an widmete sich Jézéquel der Farbe. War seine Malerei mit Ölfarben zunächst dem Monochromen verschrieben, verlässt der Künstler später dank des technischen Fortschritts Leinwand, Pinsel und Farbpalette und wendet sich der digitalen Malerei zu. Denn hier stehen ihm 16 Millionen Farben zur Verfügung. Die Flächen sind ohne Gestik gestaltet, in keiner Form pastos, sondern äußerst eben. Die Farben erscheinen im Rhythmus, ihre Symbiose ruft Schwingungen, Gleichgewicht und Spannung hervor. Das Ergebnis: Malerei wird dynamische Farbe. Die Farben, die Jézéquel speziell für den Ort aussucht, vermitteln nicht nur Empfindungen, Sensibilität und Impressionen, sondern auch eine neue Wahrnehmung des Ortes. Auf seine ganz persönliche Art integriert er seine Farbfelder in die sachliche, glatte und kühle Architektur aus modernen Glasflächen.
Die erste Arbeit führt den Betrachter schon von außen in den Ausstellungsraum hinein. Der verglaste Eingang der Kunsthalle ist nicht nur die Verbindung zwischen Außenraum und Innenraum, sondern auch der Träger dieses Kunstwerks. Die gestaltete Tür zieht die Blicke der Vorbeifahrenden und -gehenden an, sie lädt zum Eintreten ein. Mit ihr öffnet sich eine Grenze, um konkret mehr Raum zu entdecken. Der Künstler bricht die Höhe der in vier Segmente geteilten Tür mit horizontalen Balken von Cyan bis Magenta und bringt die Proportionen der geteilten Tür wieder ins Lot. Durch die gegenläufig angeordneten Farbfelder wirkt die Tür, als ob sie ein anderes Format bekommen hätte. Sie lässt sich als eigenständiges Bild, als digitale Malerei betrachten oder als farbiger Durchblick auf die Ausstellung KONKRET MEHR RAUM.
Die zweite Arbeit muss sich gegen die rigide und kalt wirkende Struktur einer schwarz gerahmten Fensterwand behaupten. Deshalb hat Dominique Jézéquel starke, transluzente Farben gewählt, die den schwarzen Rahmen eine große Leuchtkraft entgegensetzen. Strenge und Empfindungen treten so in einen paritätischen Dialog und bedingen sich gegenseitig. Die gefühlsbeladenen Farbfelder schärfen unsere Wahrnehmung und bieten uns die Möglichkeit, Assoziationen zu entwickeln, die weit über das Denken von Form und Farbe hinausgehen.
Dominique Jézéquel ist einer derjenigen Künstler in der Ausstellung KONKRET MEHR RAUM, dessen Arbeit visuell und im Hinblick auf Geometrie und Komposition unmittelbar auf die Konkrete Kunst Bezug nimmt. Sein Ziel ist jedoch ein anderes: Er will die Komposition aus Form und Farben mit Impressionen und Emotionen aufladen und eine dahinterliegende Bedeutung beim Betrachter aufkommen lassen. Gleich, in welche geometrischen Formen die Farben von Dominique Jézéquel eingeschlossen sind, sie eröffnen assoziative und emotionale Horizonte, die weit über formale Begrenzungen hinausgehen und konkret mehr Farbraum schaffen.
Seit den 1980er Jahren hat sich Dominique Jézéquel der Abstraktion  auseinandergesetzt und verbindet die Technik der Ölmalerei mit der Schlichtheit der Form. In den 1990er Jahren reduziert er die Malerei auf die Farbe und die Komposition ohne auf die Sensibilität in seiner Arbeit zu verzichten. Ab 2000, unterstützt von der Region Bretagne, verfolgt er seinen Weg mit Hilfe neuer Medien. Auf der Suche nach neuen Produktionsmöglichkeiten und neuartiger Präsentation der Farbe entwirft er Bilder mit vier Farbfeldern, die er „accords“ nennt. Gedruckt in großen Formaten oder als Serie auf Wände projiziert, vertiefen diese geometrischen accords den Inhalt der Farbe.

Ausstellungen u.a.: Musée des beaux-arts de Brest, „Accords numériques“ centre d´art Passerelle, Projekt l´art dans les chapelles und Galerie écart (Osnabrück)


Text: Valerie Schwindt-Kleveman








Dominique Jézéquel
(Frankreich)
Nach einer langen Experimentierphase mit Ölmalerei, wobei Dominique Jézéquel sich immer wieder mit dem selben Bild beschäftigt und ein großes Interesse für die Farbe entwickelt hatte, wechselte er zur digitalen Malerei.
Er realisiert seine digitalen Bilder mit 4 Farben, die mit einer bestimmten Technik der Fotografie entwickelt werden. Befreit von Materie und Gestus finden wir eine Sättigung der Farbe, eine Symbiose, jedoch auch Schwankungen, Gleichgewicht, Spannung um einen Rhythmus zu schaffen.
Das Ergebnis ist, dass die Malerei Farbe wird.
Diese Bilder funktionieren auch auf der Wand als Videoprojektion. Farbige Bänder wechseln sich ab, nicht mehr als Linie sondern als langsamer Farbwechsel mit musikalischem Hintergrund, nicht mehr als einziges Bild sondern als „Multiple“. Die Farbe wird nicht mehr Malerei sondern musikalisches Licht.
Véronique Vauvrecy